Ergänzung zu S. 344-345, wo als Vorlage H. Wasser identifiziert ist (http://usa.usembassy.de/etexts/gov/bpb/body_i_199_2.html)
H. Wasser gibt folgenden Hinweis:
Ernst Fraenkel, Das amerikanische Regierungssystem, Westdeutscher Verlag, Köln/Opladen 1960, S. 39 ff. und S. 343 ff.
Das ist die Vorlage, die auch bei Guttenberg 345 Anm. 996 erscheint, allerdings mit Verweis nur auf S. 39ff., obgleich offensichtlich Text S. 343ff. ausgeschrieben ist und lediglich mit "vgl." versehen, was bei der wörtl. Übereinstimmung wiss. Ansprüchen gewiß nicht genügt.
Guttenberg S. 344-345:
Eine plebiszitäre Vorstellung der Demokratie, die von der These ausgeht, dass jede staatliche Hoheitstätigkeit einen Ausfluss eines einheitlichen nationalen „Gemeinwillens" darstellen und von ihm getragen werden solle, und eine pluralistische Vorstellung der Demokratie, die von der Vorstellung ausgeht, dass jede staatliche Hoheitstätigkeit die Resultate aus dem Kräftespiel der verschiedenen Gruppenwillen darstellen und von diesen gebilligt werden solle. Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert respektive seit den Tagen, in denen die „Federalist Papers" verfaßt wurden, haben in den USA diese beiden Anschauungen der Demokratiewiederkehrend miteinander um die Vorherrschaft gerungen. Zuweilen hat dieses Ringen zu einer Art „Arbeitsteilung" geführt und bewirkt, dass die Ideologie der Demokratie auf der plebiszitären und die Soziologie der Demokratie auf der pluralistischen Grundvorstellung vom Wesen der Demokratie aufgebaut war.
Der Absatz ist versehen mit Anm. 996: Vgl. zu alledem E. Fraenkel. Das amerikanische Regierungssystem, 1960. S. 39 ff.
Mir zugänglich ist:
E. Fraenkel, Das amerikanische Regierungssystem, 1962, 344
Eine plebiszitäre Vorstellung der Demokratie, die von der These ausgeht, daß jede staatliche Hoheitstätigkeit eine Emanation eines einheitlichen nationalen „Gemeinwillens“ darstellen und von ihm getragen werden solle, und eine pluralistische Vorstellung der Demokratie, die von der Vorstellung ausgeht, daß jede staatliche Hoheitstätigkeit die Resultante aus dem Kräftespiel der verschiedenen Gruppenwillen darstellen und von diesen gebilligt werden ... [Rest ist aus google leider nicht rekonstruierbar]
Anm. zur Geschichte des Abschreibens:
Fraenkel: Emanation
Wasser: Emanation (Ausfluß) Guttenberg: Ausfluss
"Emanation" klang dem Verf.der Guttenberg-Diss. wohl zu gelehrt - Stilbruch wäre verdächtig.
Fraenkel: Resultante
Wasser: Resultate
Guttenberg: Resultate
Das Ersetzen ist sachlich falsch, hat offenkundig Wasser vorgenommen und der Verf. der Guttenberg-Diss. von ihm übernommen. Daß Wasser und der Verf. der Guttenberg-Diss. zufällig übereinstimmen, ist unwahrscheinlich.
Anm. Das Ersetzen der vermeintlich schwierigen Lesart durch die einfache hat eine lange Tradition bei der Abschrift von Texten; s. Wikipedia s.v. Textkritik: "Es gilt das Prinzip der lectio difficilior, das heißt, dass die schwierigere Lesart wahrscheinlich auch die ältere und bessere ist. Dieses Prinzip beruht auf der Annahme, dass bei der Abschrift eines Textes dieser eher vereinfacht als komplexer wiedergegeben wird".
Fazit: Trotz 345 Anm. 996 ist nicht anzunehmen, daß der Verf. der Guttenberg-Diss. das Buch von Fraenkel eingesehen hat.