Sonja Volkmann-Schluck, Die Debatte um eine europäische Verfassung, München 2001, S. 25:
Original
Auch auf französischer Seite ist das Konzept aufgegriffen worden. Ähnlich hat auch Jospin in
seiner Pariser Rede für eine „Föderation von Nationalstaaten“ plädiert. Wie Fischer und Rau
distanziert sich der französische Premier von einer zentralistischen Auslegung: „Dieses Wort ... deckt in Wirklichkeit vielfältige Inhalte ab“. Ein Gefüge, in dem die derzeitigen Staaten lediglich den Status eines deutschen Bundeslandes erhielten, könne Frankreich nicht akzeptieren. Verstehe man dagegen unter „Föderation“ eine „schrittweise und kontrollierte Teilung von Befugnissen und deren Übertragung auf die Union“, stimme er dem Begriff „ohne Wenn und Aber“ zu. Der
Terminus trifft außerdem Jospins Vorstellung des konstitutiven Spannungsfeldes der europäischen Integration: die Nationalstaaten sind „Realität“, die Föderation bleibt ein „Ideal“. Damit „starke und lebendige Nationen, die ihre Identität wahren wollen“, bestehen bleiben, soll die Union „jeden Einzelnen stärker machen“.142 Auch Delors, welcher einer Verfassung skeptisch gegenüber steht, verfolgt dieses Leitbild ebenfalls in der Annahme, „dass die Nationalstaaten bleiben müssen“143.
4.2 „Europa der Nationen“
Diesem Leitbild lassen sich die Verfassungskonzepte von Chirac und Juppé/Toubon zuordnen.
Anders als Fischer benennt Chirac nicht explizit ein „typisches“ Leitbild im Spannungsfeld von
Föderation oder Konföderation. Auf seine damalige Rolle als Ratspräsident und die Kohabitation
Rücksicht nehmend, wich er der von Fischer aufgeworfenen Frage der Finalität aus und gab in
seiner Berliner Rede „den Pragmatiker“, um nicht zu provozieren, sondern auszugleichen.144
Dennoch lässt sich herauskristallisieren, wie er Europa sehen möchte, nämlich als „Zusammenschluss von Nationen, die jeweils ihre Seele und Identität bewahren möchten, aber beschlossen haben, ihre Interessen und vor allem ihre Werte gemeinsam zu verteidigen“145.
Dissertation
Auch auf französischer Seite ist das Konzept aufgegriffen worden, wo in ähnlicher Diktion L. Jospin für eine „Föderation von Nationalstaaten" plädierte. Wie Fischer und Rau distanzierte sich der französische Premier von einer zentralistischen Auslegung: „Dieses Wort [ ] deckt in Wirklichkeit vielfältige Inhalte
ab".' Ein Gefüge, in dem die derzeitigen Staaten lediglich den Status eines deutschen Bundeslandes erhielten, könne Frankreich nicht akzeptieren. Verstehe man dagegen unter „Föderation" eine „schrittweise und kontrollierte Teilung von Befugnissen und deren Übertragung auf die Union", stimme er dem Begriff „ohne
Wenn und Aber" zu. Der Terminus traf außerdem Jospins Vorstellung des konstitutiven Spannungsfeldes der europäischen Integration: die Nationalstaaten seien „Realität", die Föderation bleibe ein „Ideal". Damit „starke und lebendige Nationen, die ihre Identität wahren wollen", bestehen bleiben, solle die Union „jeden
Einzelnen stärker machen". Auch J. Delors, der einer Verfassung grundsätzlich skeptisch gegenüber stand, verfolgte dieses Leitbild gleichfalls in der Annahme, „dass die Nationalstaaten bleiben müssen,
(b) Das Ideal eines „Europas der Nationen"
Der Vorstellung eines „Europa der Nationen" lassen sich die Verfassungskonzepte von J. Chirac und A. JuppJ mit J. Toubon zuordnen. Im Gegensatz zu .1. Fischer benannte Chirac nicht explizit ein „typisches" Leitbild im Spannungsfeld von Föderation oder Konföderation. Indem er auf seine damalige Rolle als Ratspräsident
und die Kohabitation Rücksicht nahm, wich er der von Fischer aufgeworfenen Frage der Finalität aus und gab in seiner Berliner Rede „den Pragmatiker", um nicht zu provozieren, sondern auszugleichen.' Dennoch lässt sich herauskristallisieren, wie er Europa sehen wollte, nämlich als „Zusammenschluss von Nationen, [... S.107]
Übernommen in Fragment_106_01-24