von Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
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Untersuchte Arbeit: Seite(n): 183, Zeilen: 01-15 |
Original: Seite(n): 17, Zeilen: 5-19 |
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Insgesamt ist mit der Anerkennung eines Austrittsrechts eine gewisse Schwächung der integrativen Symbolik verbunden, die man dem Terminus „Verfassung“ beimisst. Eine weitere Akzentuierung erfährt der derivative Charakter der EU-Zuständigkeiten in der Formulierung von Art. I-9, auch im Lichte von Art. 5 EGV. In Letzterem ist das sogenannte Prinzip der Einzelermächtigung wie folgt ausformuliert: „Die Gemeinschaft wird innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig.“ Art. I-9 Abs. 2 des Entwurfs lautet (mittlerweile [Fn 518]): „Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die ihr die Mitgliedstaaten [Fn 519] in der Verfassung zur Verwirklichung der in ihr niedergelegten Ziele zugewiesen haben. Alle der Union nicht in der Verfassung zugewiesenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.“ Hiermit wird offenkundig, dass die Verfassung keine originäre Macht, sondern eine begrenzte Zahl an Zuständigkeiten gestaltet, die von den Staaten zugewiesen sind. [Fn 520] |
In jedem Fall schwächt die Anerkennung eines Austrittsrecht die integrative Symbolik, die man dem Terminus „Verfassung“ beimisst. Der derivative Charakter der EU-Zuständigkeiten wird in der Formulierung des vorgesehenen Art. I-9 gegenüber Art. 5 EGV noch akzentuiert. Das Prinzip der Einzelermächtigung ist durch EGV wie folgt ausformuliert: „Die Gemeinschaft wird innerhalb der Grenzen der ihr in diesem Vertrag zugewiesenen Befugnisse und gesetzten Ziele tätig.“ Art. I-9 Abs. 2 des Entwurfs lautet: „Nach dem Grundsatz der begrenzten Einzelermächtigung wird die Union innerhalb der Grenzen der Zuständigkeiten tätig, die ihr von den Mitgliedstaaten in der Verfassung zur Verwirklichung der in ihr niedergelegten Ziele zugewiesen werden. Alle der Union nicht in der Verfassung zugewiesenen Zuständigkeiten verbleiben bei den Mitgliedstaaten.“ Es wird damit klargestellt, dass die Verfassung keine originäre Macht, sondern eine begrenzte Zahl an Zuständigkeiten gestaltet, die von den Staaten zugewiesen sind. |
Fragmentsichter: Kahrl (Sichtungsergebnis: Neutral) |
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 183, Zeilen: 101-108 |
Original: Seite(n): 16, Zeilen: 14-22 |
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[[Fn 517] Vgl. dazu C. Schmitt, Verfassungslehre, 7. Aufl., 1989, S. 374 f. Die vertragsmäßige Gründung des Deutschen Reichs 1866-1871 sollte auch bei dem bayerischen Staats-]rechtler M. von Seydel das Sezessionsrecht der Länder gewähren. Umgekehrt wurde das vom sowjetischen Föderalismus immer formell anerkannte Austrittsrecht der autonomen Republiken schon von Lenin so interpretiert, dass seine Ausübung auf jeden Fall durch die unwahrscheinliche Bewilligung der Union bedingt und folglich faktisch unmöglich war (vgl. S. M. Mouskhely, Les contradictions du fédéralisme soviétique, in : Centre de recherches sur l’URSS et les Pays de l’Est (Hrsg.), L’URSS: Droit, économie, sociologie, politique, culture, t. 1, Paris, 1962, S. 25.). Für eine Auslegung der Sowjetverfassung als zwischenstaatlich abgeschlossenen Vertrag war schließlich kein Raum. |
[Fn 8: S. C. Schmitt, Verfassungslehre, 7. Aufl., Berlin, 1989, S. 374 f.] Die vertragsmässige Gründung des Deutschen Reichs 1866-1871 sollte auch bei dem bayerischen Staats-]rechtler Max von Seydel das Sezessionsrecht der Länder gewähren. Umgekehrt wurde das vom sowjetischen Föderalismus immer formell anerkannte Austrittsrecht der autonomen Republiken schon von Lenin so interpretiert, dass seine Ausübung auf jeden Fall durch die unwahrscheinliche Bewilligung der Union bedingt und folglich faktisch unmöglich war [Fn 9: S. M. Mouskhely, Les contradictions du fédéralisme soviétique, in : Centre de recherches sur l’URSS et les Pays de l’Est, L’URSS : Droit, économie, sociologie, politique, culture, t. 1, Paris, 1962, S. 25.]. Für eine Auslegung der Sowjetverfassung als zwischenstaatlich abgeschlossenen Vertrag war ja kein Raum. |
Fragmentsichter: Kahrl (Sichtungsergebnis: Neutral) |
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 183, Zeilen: 116-131 |
Original: Seite(n): 17-18, Zeilen: 19 (S. 17) - 11 (S. 18) |
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[Fn 520] Dieses Prinzip wird in Art. I-5a im Kontext des Grundsatzes vom Vorrang des EU-Rechts wiederholt: „Die Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung der ihnen zugewiesenen Zuständigkeiten gesetzte Recht haben Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten". Eine solche klare Begrenzung des dem EU-Recht zukommenden Vorrangs steht im Übrigen der vom deutschen Bundesverfassungsgericht in seiner Maastricht-Entscheidung behaupteten Prüfungskompetenz nicht entgegen, vgl. BVerfGE 89. 155: „Würden etwa europäische Einrichtungen oder Organe den Unions-Vertrag in einer Weise handhaben oder fortbilden, die von dem Vertrag, wie er dem deutschen Zustimmungsgesetz zugrundeliegt, nicht mehr gedeckt wäre, so wären die daraus hervorgehenden Rechtsakte im deutschen Hoheitsbereich nicht verbindlich. Die deutschen Staatsorgane wären aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert, diese Rechtsakte in Deutschland anzuwenden. Dementsprechend prüft das Bundesverfassungsgericht, ob Rechtsakte der europäischen Einrichtungen und Organe sich in den Grenzen der ihnen eingeräumten Hoheitsrechte halten oder aus ihnen ausbrechen.“ Man kann auch eine gewisse Zurückhaltung in den vorgesehenen Garantien erkennen, die den Rückgriff auf die neu gestaltete Flexibilitätsklausel einrahmen (Art. I-17). Damit soll die viel diskutierte Gefahr einer durch diese [Flexibilität ins System möglicherweise einfliessenden Kompetenz-Kompetenz der Europäischen Union abgewandt werden.] |
Dieses Prinzip wird im Art. I-10 Abs. 1 im Verhältnis mit dem Grundsatz des Vorrangs des EU-Rechts wiederholt: „Die Verfassung und das von den Organen der Union in Ausübung der ihnen zugewiesenen Zuständigkeiten gesetzte Recht haben Vorrang vor dem Recht der Mitgliedstaaten“. Eine solche klare Begrenzung des dem EU-Recht zukommenden Vorrangs steht mit der vom deutschen Bundesverfassungsgericht in seinem Maastricht-Urteil behaupteten Prüfungskompetenz nicht entgegen: „Würden etwa europäische Einrichtungen oder Organe den Unions-Vertrag in einer Weise handhaben oder fortbilden, die von dem Vertrag, wie er dem deutschen Zustimmungsgesetz zugrundeliegt, nicht mehr gedeckt wäre, so wären die daraus hervorgehenden Rechtsakte im deutschen Hoheitsbereich nicht verbindlich. Die deutschen Staatsorgane wären aus verfassungsrechtlichen Gründen gehindert, diese Rechtsakte in Deutschland anzuwenden. Dementsprechend prüft das Bundesverfassungsgericht, ob Rechtsakte der europäischen Einrichtungen und Organe sich in den Grenzen der ihnen eingeräumten Hoheitsrechte halten oder aus ihnen ausbrechen.“ Man kann doch noch eine gewisse Zurückhaltung in den vorgesehenen Garantien sehen, die den Rückgriff auf die neu gestaltete Flexibilitätsklausel einrahmen (Art. I-17 des Entwurfs, vgl. mit Art. 308 EG-Vertrag). Damit soll die viel diskutierte Gefahr einer durch diese Flexibilität ins System möglicherweise einfliessenden Kompetenz-Kompetenz der EU abgewandt werden. |
Fragmentsichter: Kahrl (Sichtungsergebnis: Neutral) |
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