von Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
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Eine grundsätzliche Überlegung: die Verfassung ist ein klassisches Mittel, die Macht des Staates zu begrenzen. Sie kann aber auch dazu missbraucht werden, die Machtfülle, die staatliche Institutionen angesammelt haben, ex post zu legitimieren und weiter auszubauen. Der Europäische Verfassungskonvent hatte vorgeschlagen, die Kompetenzen der Europäischen Union zu erweitern, anstatt sie zu beschränken. Der Konvent wurde im Dezember 2001 vom Europäischen Rat eingesetzt, auch weil der französische Präsident J. Chirac in Nizza offensichtlich eine weitere Zentralisierung der Europäischen Union in wichtigen Punkten zu blockieren vermocht hatte. Nicht zuletzt um ihn – auch in seinem eigenen Land – unter Druck zu setzen, beschloss die Ratsmehrheit, auf öffentlichkeitswirksame Weise an die Spitze des Verfassungskonvents einen bürgerlichen Politiker aus Frankreich zu stellen, der als besonders zentralisierungsfreudig bekannt war. Die offizielle Begründung lautete freilich anders: Der Konvent sollte erstmals den Parlamenten – dem Europaparlament und den nationalen Parlamenten – die Möglichkeit geben, schon im Vorfeld einer Regierungskonferenez Einfluss auf die Reformdiskussion zu nehmen: Tatsächlich besaßen die Europaparlamentarier (16) und die nationalen Parlamentarier (30) im Konvent – allerdings nicht in seinem Präsidium – zusammen eine Mehrheit der 66 Stimmen. Hierbei ist jedoch die unterschiedliche Interessenlage zwischen den nationalen und europäischen Parlamentariern zu berücksichtigen, wenn es um die Zentralisierung Europas geht. Das Kooperationspotential erschien zunächst eingeschränkt. Versucht man die verschiedenen Gruppen des Konvebnts nach ihrem jeweiligen Zentralisierungsinteresse zu ordnen, so standen die Vertreter der Kommission (2) und des Europaparlaments (16) an der Spitze. Es folgten der Präsident, die beiden Vizepräsidenten Amato und Dehaene (zusammen 3) sowie die Vertreter der nationalen Regierungen (15). Für eine Mehrheit bedurfte es 34 der 66 Stimmen. Damit wurde deutlich: Die Mehrheitskoalition, die einer stärkeren Zentralisierung grundsätzlich befürwortend gegenüberstand, besteht aus den Vertretern der Kommision und des Europaparlaments, der Leitung des Konvents und 13 (von 15) Regierungsvertretern (2+16+3+13=34). Der Repräsentant der französischen Regierung und die [hier Seitende] nationalen Parlamentarier konnten beliebig überstimmt werden. Im zwölfköpfigen Präsidium gestaltete sich dies noch leichter. |
Die Verfassung ist ein klassisches Mittel, die Macht des Staates zu begrenzen. Sie kann aber auch dazu missbraucht werden, die Machtfülle, die staatliche Institutionen angesammelt haben, im Nachhinein zu legitimieren und weiter auszubauen. Der Europäische Verfassungskonvent, der jetzt unter der Leitung von Valéry Giscard d'Estaing tagt, wird vorschlagen, die Kompetenzen der Europäischen Union zu erweitern, anstatt sie zu beschränken. Der Konvent wurde im Dezember 2001 vom Europäischen Rat eingesetzt, weil Präsident Chirac in Nizza (2000) eine weitere Zentralisierung der EU in wichtigen Punkten blockiert hatte. Um ihn - auch in seinem eigenen Land - unter Druck zu setzen, beschloss die Ratsmehrheit, auf öffentlichkeitswirksame Weise einen Verfassungskonvent einzuberufen und an seine Spitze einen bürgerlichen Politiker aus Frankreich zu stellen, der als besonders zentralisierungsfreudig bekannt war. Die offizielle Begründung lautete jedoch ganz anders: Der Konvent solle zum ersten Mal den Parlamenten - dem Europaparlament und den nationalen Parlamenten - die Möglichkeit geben, schon im Vorfeld einer Regierungskonferenz Einfluss auf die Reformdiskussion zu nehmen. Tatsächlich besitzen die Europaparlamentarier (16) und die nationalen Parlamentarier (30) im Konvent - allerdings nicht in seinem Präsidium - zusammen eine Mehrheit der 66 Stimmen. Aber die nationalen und die europäischen Parlamentarier haben ganz verschiedene Interessen, wenn es um die Zentralisierung Europas geht. Sie werden nicht miteinander kooperieren. Versucht man die verschiedenen Gruppen des Konvents nach ihrem Zentralisierungsinteresse zu ordnen, so stehen die Vertreter der Kommission (2) und des Europaparlaments (16) an der Spitze. Es folgen der Präsident, die beiden Vizepräsidenten Amato und Dehaene (zusammen 3) sowie die Vertreter der nationalen Regierungen (15). Für eine Mehrheit braucht es 34 der 66 Stimmen. Damit ist klar: Die Mehrheitskoalition, die eine stärkere Zentralisierung vorschlagen wird, besteht aus den Vertretern der Kommission und des Europaparlaments, der Leitung des Konvents und 13 (von 15) Regierungsvertretern (2+16+3+13=34). Der Repräsentant der französischen Regierung und die nationalen Parlamentarier können beliebig überstimmt werden. Im Präsidium ist dies sogar noch viel leichter. |
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