von Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
Statistik und Sichtungsnachweis dieser Seite findet sich am Artikelende
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 153, Zeilen: 2-27 |
Original: Seite(n): 1, Zeilen: II.1. 3ter Absatz |
|
---|---|---|
Im Zuge der Integration hat sich schließlich ein Hoheitsträger herausgebildet, der Recht setzt, ohne Staat zu sein. Der überkommene, seit nunmehr dreihundert Jahren gültige und nahezu zum Dogma erhobene Konnex von Staat und Recht, von Staatsgewalt und Rechtsetzung wird hiermit relativiert, wenn nicht durchbrochen. Regierungsgewalt und Rechtsetzung dürfen nunmehr als Erscheinungen begriffen werden, die auch jenseits der Staatlichkeit erfolgen. [Nettesheim ist zuzustimmen, wenn die damit verbundenen Schwierigkeiten – entgegen gelegentlich geäußerter Befürchtungen – nicht überzeichnet werden sollten: „Kategorien wie Kompetenz, Zwang, Recht etc. lassen sich ohne Probleme auch außerhalb staatlicher Kontexte denken. Das Völkerrecht bietet hierfür seit Herausbildung des Konzepts der internationalen Organisation in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts genügend Beispiele. Insbesondere war der Rechtsbegriff zu keiner Zeit ausschließlich auf den Staat bezogen.“ [Fn 427 M. Nettesheim, Die konsoziative Föderation von EU und Mitgliedstaaten, in: ZEuS 5 (2002), S. 507 ff.]] Insbesondere die deutsche Verfassungsrechtswissenschaft bedient sich nicht eines eindeutigen Verfassungsbegriffs. Einige weisen zu Recht darauf hin, dass je nach Erkenntnisinteresse, verfassungstheoretischem Standpunkt und normativem Anliegen man sich des Begriffs in deutlich unterschiedlicher Bedeutung bedient. [Fn 428 So etwa M. Nettesheim] Insofern könne es nicht verwundern, dass sich die Diskussion um Stand und Entwicklung der europäischen Integration, um Richtung und Finalität des Prozesses auch und zuerst auf begrifflicher Ebene abspielt(e). Weitgehend hat sich die Auffassung durchgesetzt, die eine Verwendung eines angereicherten, wenngleich nicht legitimistischen Verfassungsbegriffs als sinnvoll erscheinen lässt. Es muss sich demnach um einen Verfassungsbegriff handeln, der auf die Problematik zugeschnitten ist, die sich mit der Einbindung und Legitimierung von Herrschaft im 21. Jahrhundert jenseits des Nationalstaates verbindet (konkreter, aber abstrahierender normativer Verfassungsbegriff). [Fn 429] |
Im Zuge der Integration hat sich ein Hoheitsträger herausgebildet, der Recht setzt, ohne Staat zu sein. Der überkommene, seit nunmehr dreihundert Jahren gültige und zum Dogma erhobene Konnex von Staat und Recht, von Staatsgewalt und Rechtsetzung wird dadurch durchbrochen. Regierungsgewalt und Rechtsetzung müssen nunmehr als Erscheinungen begriffen werden, die auch jenseits der Staatlichkeit erfolgen. Die damit verbundenen Schwierigkeiten dürfen allerdings - entgegen gelegentlich geäußerter Befürchtungen - nicht überzeichnet werden: Kategorien wie Kompetenz, Zwang, Recht etc. lassen sich ohne Probleme auch außerhalb staatlicher Kontexte denken. Das Völkerrecht bietet hierfür seit Herausbildung des Konzepts der internationalen Organisation in der zweiten Hälfte des neunzehnten Jahrhunderts genügend Beispiele. Insbesondere war der Rechtsbegriff zu keiner Zeit ausschließlich auf den Staat bezogen.[...] [6. Schlussfolgerungen] Die vorstehenden Überlegungen bekräftigen zunächst die Ausgangsfeststellung, dass sich die deutsche Verfassungsrechtswissenschaft nicht eines eindeutigen Verfassungsbegriffs bedient. Je nach Erkenntnisinteresse, verfassungstheoretischem Standpunkt und normativem Anliegen bedient man sich des Begriffs in deutlich unterschiedlicher Bedeutung. Insofern kann es nicht verwundern, dass sich die Diskussion um Stand und Entwicklung der europäischen Integration, um Richtung und Finalität des Prozesses auch und zuerst auf begrifflicher Ebene abspielt. [...] Überwiegend hat sich die Auffassung durchgesetzt, dass die Verwendung eines angereicherten, wenngleich nicht legitimistischen Verfassungsbegriffs [Fn 53] sinnvoll ist. Es muss sich um einen Verfassungsbegriff handeln, der auf die Problematik zugeschnitten ist, die sich mit der Einbindung und Legitimierung von Herrschaft im 21. Jahrhundert jenseits des Nationalstaates verbinden (konkreter, aber abstrahierender normativer Verfassungsbegriff).[Fn 54] |
Fragmentsichter: Schuju (Sichtungsergebnis: Neutral) |
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 153, Zeilen: 101-107 |
Original: Seite(n): 1, Zeilen: II.1. 3ter Absatz |
|
---|---|---|
[Fn 427] M. Nettesheim, Die konsoziative Föderation von EU und Mitgliedstaaten, in: ZEuS 5 (2002), S. 507 ff. Staatliches Recht genoss zwar vor dem Hintergrund der staatlichen Zwangsgewalt eine besonders prägnante Normativität; an seiner Seite stand aber immer auch Recht, hinter dem diese Gewalt nicht stand, das aber gleichwohl in seiner Existenz und Wirksamkeit als Recht nicht in Zweifel gezogen werden konnte. Insofern bedarf es eines Hinweises, dass die Durchsetzung des Unionsrechts in den Händen der Mitgliedstaaten liegt, nicht. |
Staatliches Recht genoss zwar vor dem Hintergrund der staatlichen Zwangsgewalt eine besonders prägnante Normativität; an seiner Seite stand aber immer auch Recht, hinter dem diese Gewalt nicht stand, das aber gleichwohl in seiner Existenz und Wirksamkeit als Recht nicht in Zweifel gezogen werden konnte. [Fn 7 Insofern bedarf es eines Hinweises, dass die Durchsetzung des Unionsrechts in den Händen der Mitgliedstaaten liegt, nicht.] |
Fragmentsichter: Schuju (Sichtungsergebnis: Neutral) |
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 153, Zeilen: 111-114 |
Original: Seite(n): 1, Zeilen: Fußnoten |
|
---|---|---|
[Fn 429] Zum Ganzen P. Craig, Constitutions, Constitutionalism and the European Union, in: 7 ELJ 2001, S. 125 ff. Zur Begriffsbildung vgl. zusammenfassend etwa M. Nettesheim (2002), mit zahlreichen Nachweisen sowie R. Bieber, Verfassungsfrage und institutionelle Reform, in: T. Bruha u. a. (Hrsg.), Welche Verfassung für Europa?, 2001, S. 111 ff. |
[Fn 53] Zum Ganzen Craig, Constitutions, Constitutionalism and the European Union, 7 ELJ 2001, S. 125. [Fn 54] Zur Begriffsbildung vgl. zusammenfassend etwa Bieber, Verfassungsfrage und institutionelle Reform, in: Bruha u.a. (Hrsg.), Welche Verfassung für Europa?, 2001, S. 111. |
Fragmentsichter: Schuju (Sichtungsergebnis: Gut) |
Diese Seite wurde gesichtet durch: Erstsichter: Annerr
(Sichtungsergebnis: Gut) Erstsichter: MoonofA
(Sichtungsergebnis: Schlecht)
Letzte Bearbeitung dieser Seite: durch Benutzer:NablaOperator, Zeitstempel: 20110426172955