von Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg
Statistik und Sichtungsnachweis dieser Seite findet sich am Artikelende
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 075, Zeilen: 1-14 |
Original: Seite(n): 15, Zeilen: 8-20 |
|
---|---|---|
[Sobald die Beteiligten nämlich den „Unterwerfungscharakter der supranationalen Beschlüsse" erkannten hatten, rückte der erforderliche] europäische Konsens in unerreichbane Ferne. [175] So lehnte etwa das dänische Parlament die Spinelli-Initiative mit der Begründung ab, das Vetorecht und die bisherige Kompetenzverteilung müsse erhalten bleiben. Ein wesentlicher Grund für die Ablehnung war die Absicht, die Union mit einem eigenen Haushaltsrecht zu versehen. Der deutsche Bundestag kritisierte den Entwurf wegen der "Tendenzen zur Auszehrung nationalstaatlicher Finanzautonomie". [176] Zudem: Das Ziel, staatliche Verfassungsstrukturen auf die europäische Ebene zu übertragen, musste auch an der damals unüberbrückbar - heute banal - scheinenden Beobachtung scheitern, dass die Union bereits aus Staaten mit eigenen Verfassungen besteht. So wurden die Verfassungsbestrebungen des Europäischen Parlaments dem apostrophierten dualen Charakter der Gemeinschaft - supranational und intergouvernemental - nicht gerecht. Besonders deutlich wird dieses Realisierungsdefizit eben an der (gescheiterten) Strategie des Europäischen Parlaments, die Exekutiven der Mitgliedsstaaten möglichst wenig mit einzubeziehen. [77] |
[Sobald die Beteiligten den „Unterwerfungscharakter der supranationalen Beschlüsse“ erkannten, rückte der] europäische Konsens in weite Ferne. [63] So lehnte das dänische Parlament die Spinelli-Initiative ab, „weil das Vetorecht und die bisherige Kompetenzverteilung erhalten bleiben müssen“. Ein wesentlicher Grund für die Ablehnung war die Absicht, die Union mit einem eigenen Haushaltsrecht zu versehen. Der deutsche Bundestag kritisierte den Entwurf wegen der „Tendenzen zur Auszehrung nationalstaatlicher Finanzautonomie“. [64] Das Ziel, staatliche Verfassungsstrukturen auf die europäische Ebene zu übertragen, musste deswegen scheitern, weil die Union bereits aus Staaten mit eigenen Verfassungen besteht. So wurden die Verfassungsbestrebungen des EP dem dualen Charakter der Gemeinschaft – supranational und intergouvernemental – nicht gerecht. Besonders deutlich wird dieses Realisierungsdefizit an der gescheiterten Strategie des EP von 1984, die Exekutiven der Mitgliedsstaaten möglichst wenig mit einzubeziehen. [65] |
Fragmentsichter: Schuju (Sichtungsergebnis: Gut) |
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 075, Zeilen: 15-17 |
Original: Seite(n): 33, Zeilen: 04-12 |
|
---|---|---|
Trotz der letztlich fehlenden Umsetzung wirkt der Spinelli-Entwurf bis in die heutige Zeit nach. [178] Selbst wenn im Jahre 1986 mit der Einheitlichen Europäischen Akte und dem Vertrag von Maastricht aus dem Jahre 1993 wichtige [Vertragsfortentwicklungen, die immerhin zur Gründung der Europäischen Union führten, im Wege der herkömmlichen, schrittweisen und regierungsseitig zu Stande gekommenen Vertragsergänzung erfolgt sind, kann doch nicht übersehen werden, dass der Verfassungsentwurf den Prozess, der zur Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte geführt hatte, ins Rollen gebracht hat.] |
Auch wenn der Verfassungsentwurf des Europäischen Parlaments aus dem Jahre 1984 Theorie geblieben ist, wirkt er doch bis in die heutige Zeit nach. Selbst wenn im Jahre 1986 mit der Einheitlichen Europäischen Akte und dem Vertrag von Maastricht aus dem Jahre 1993 wichtige Vertragsfortentwicklungen, die immerhin zur Gründung der Europäischen Union führten, im Wege der herkömmlichen, schrittweisen und regierungsseitig zu Stande gekommenen Vertragsergänzung erfolgt sind, kann doch nicht übersehen werden, dass der Verfassungsentwurf den Prozess, der zur Unterzeichnung der Einheitlichen Europäischen Akte geführt hatte, ins Rollen gebracht hat. |
|
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 075, Zeilen: 101-108 |
Original: Seite(n): 15, Zeilen: 101-106 |
|
---|---|---|
[175] G. Zellentin, Überstaatlichkeit statt Bürgernähe, in: Integration, 1/1984, S. 45ff., S. 47. [176] Vgl. W. Wessels, Die Debatte um die Europäische Union – Konzeptionelle Grundlinien und Optionen, in: W. Weidenfeld / W. Wessels (Hrsg.), Wege zur Europäischen Union: Vom Vertrag zur Verfassung?, 1986, S. 37ff., 50. [177] W. Weidenfeld, Die Reformbilanz der Europäischen Gemeinschaft: ‚Bundesrepublik Europa‘ als Perspektive?, in: W. Weidenfeld / W. Wessels (Hrsg.), Wege zur Europäischen Union: Vom Vertrag zur Verfassung?, Bonn, 1986, S. 28ff., 29. |
[63] Zellentin, Gerda: „Überstaatlichkeit statt Bürgernähe“, in: Integration, 7. Jg. 1/84, S. 45-51, hier S. 47. [64] Wessels, Wolfgang: „Die Debatte um die Europäische Union – Konzeptionelle Grundlinien und Optionen“, in: Weidenfeld, Werner/ders. (Hrsg.): Wege zur Europäischen Union: Vom Vertrag zur Verfassung?, Schriftenreihe der Bundeszentrale für politische Bildung, Bd. 248, Bonn, 1986, S. 50. [65] Weidenfeld, Werner: „Die Reformbilanz der Europäischen Gemeinschaft: ‚Bundesrepublik Europa’ als Perspektive?“, in: Ders.: Wege..., 1986, a.a.O., S. 29 |
Fragmentsichter: Schuju (Sichtungsergebnis: Gut) |
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 075, Zeilen: 109-117 |
Original: Seite(n): 32, Zeilen: 26-33 |
|
---|---|---|
[178] Vgl. auch M. Fuchs / S. Hartleif / V. Popovic, Einleitung, in: Deutscher Bundestag, Referat Öffentlichkeitsarbeit (Hrsg.), Der Weg zum EU-Verfassungskonvent, 2002, S. 21 ff., 32: „Noch heute ist der Enthusiasmus und die Aufbruchstimmung der Verfassungsväter für denjenigen spürbar, der sich der Lektüre des Verfassungsentwurfs unterzieht. Der Entwurf verfügt über den großen Vorteil, dass er aus einem Guss und ohne Scheuklappen formuliert ist. Schon daraus, aber auch aus dem Entwurf des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 1994, konnte entnommen werden, zu welchen integrationspolitischen Leistungen und zu welchen konstitutionellen Taten parlamentarisch zusammengesetzte Gremien im Vergleich zu exekutiv zusammengesetzten Organen in der Lage sind.“ |
Noch heute ist der Enthusiasmus und die Aufbruchstimmung der Verfassungsväter für denjenigen spürbar, der sich der Lektüre des Verfassungsentwurfs unterzieht. Der Entwurf verfügt über den großen Vorteil, dass er aus einem Guss und ohne Scheuklappen formuliert ist. Schon daraus, aber auch aus dem Entwurf des Europäischen Parlaments aus dem Jahr 1994, konnte entnommen werden, zu welchen integrationspolitischen Leistungen und zu welchen konstitutionellen Taten parlamentarisch zusammengesetzte Gremien im Vergleich zu exekutiv zusammengesetzten Organen in der Lage sind. |
|
Untersuchte Arbeit: Seite(n): 075, Zeilen: 117-123 |
Original: Seite(n): 32-33, Zeilen: 33-37;01-03 |
|
---|---|---|
Diese Erkenntnis sollte bei der 20 Jahre später stattfindenden Verfassungsdiskussion noch eine wesentliche Rolle spielen. Denn die Erarbeitung der Grundrechte-Charta und die Vorbereitung der Regierungskonferenz 2004 durch einen mehrheitlich aus Parlamentariern zusammengesetzten Konvent ist auch aus der Einsicht entstanden, ein europäischeres, demokratischeres, transparenteres und nicht zuletzt effizienteres Verfahren der Vertragsänderung bzw. -fortentwicklung zu etablieren. |
Diese Erkenntnis sollte bei der 20 Jahre später stattfindenden Verfassungsdiskussion noch eine wesentliche Rolle spielen. Denn die Erarbeitung der Grundrechte-Charta und die Vorbereitung der Regierungskonferenz 2004 durch einen mehrheitlich aus Parlamentariern zusammengesetzten Konvent ist auch aus der Einsicht entstanden, ein europäischeres, demokratischeres, transparenteres und nicht zuletzt effizienteres Verfahren der Vertragsänderung bzw. -fortentwicklung zu etablieren. |
|
Diese Seite wurde gesichtet durch: Erstsichter: Goalgetter
(Sichtungsergebnis: Gut) Zweitsichter: MoonofA
(Sichtungsergebnis: Neutral)
Letzte Bearbeitung dieser Seite: durch Benutzer:Goalgetter, Zeitstempel: 20110313153936