And now for something completely different - das deutsche Wahlrecht. Natürlich, das hat überhaupt nichts mit Guttenberg zu tun (ausser vielleicht, dass der Begriff "nach Gutsherrenart" in beiden Fällen angemessen ist), aber dies ist einfach die politischste Webseite zu der ich bereits einen Account habe. Ausserdem steht dies ja in meinem persönlichen Blog.
Man will (muss) also das Wahlrecht überarbeiten, und schon bevor sich die zuständigen Personen überhaupt das erste Mal zusammengesetzt haben, werden die Probleme herbeigeredet: Das Wahlrecht ist so kompliziert, weil es so vielen Proporz-Bedingungen entsprechen muss - und überhaupt, Schuld an der ganzen Misere sind DIE DA DRÜBEN, nicht WIR.
Das ist Quatsch: viele der Regelungen sind überhaupt nicht objektiv notwendig, sondern werden nur innerhalb der Parteien als notwendig betrachtet. Warum, zum Beispiel, muss ich als Nicht-CDU-Wähler mir ein kompliziertes Wahlsystem gefallen lassen, nur damit die CDU in Baden-Württemberg nicht mehr als ihren fairen Anteil an allen CDU-Sitzen bekommt? [1] Wenn ich Wähler einer anderen Partei bin, ist mir das doch ziemlich egal - und andersrum natürlich genau so. So gesehen sind dann nicht nur DIE ANDEREN Schuld, sondern insgesamt alle Politiker und Parteien, denen ein subjektiver Vorteil bei der nächsten Wahl (oder "der Proporz") wichtiger ist als eine insgesamt faire und gleiche Verteilung der zur Verfügung stehenden Parlamentssitze.
Was ist also eine faire Verteilung? Meiner Meinung nach eine bei der:
- Die Sitzverteilung möglichst genau der Verteilung der Zweitstimmen entspricht.
- Die ins Parlament entsandten Abgeordneten möglichst diejenigen sind, die eine breite Zustimmung in der Bevölkerung haben.
- Jeder Wahlkreis durch mindestens einen Abgeordneten im Parlament vertreten ist.
Erst nach diesen drei Hauptbedingungen kann man die Zusammensetzung durch weitere Nebenbedingungen ("Proporz-Regelungen") steuern.
Wie könnte das Ganze aussehen? Vielleicht so:
- Anhand der Zweitstimmen und der gewünschten Parlamentsgröße (dem Doppelten der Anzahl der Wahlkreise) wird festgelegt, wie viele Sitze jeder Partei zustehen. (Damit ist Bedingung 1 erfüllt.)
- Anhand der Erststimmen bestimmt man für jeden aufgestellten Direktkandidaten, mit welcher effektiven Quote (Anzahl der Stimmen geteilt durch Anzahl der Wahlberechtigte im Wahlbezirk) sie gewählt wurden.
- Anhand dieser effektiven Quote werden alle Kandidaten bundesweit in einer gemeinsamen Liste sortiert.
- Diese Gesamtliste wird nun einfach abgearbeitet:
- Solange einer Partei noch weitere Sitze zustehen, wird die Person auf dem ersten Listenplatz Abgeordneter. (Erfüllung von Bedingung 2.)
- Ist diese Person bereits der zweite Abgeordnete aus einem Wahlkreis, so werden alle weiteren Kandidaten aus diesem Wahlkreis ans Ende der Liste umsortiert. (Erfüllung von Bedingung 3.)
Oder wäre diese Verteilung irgendwie un-gleich?