GuttenPlag Wiki

von Mr. Nice 03:44, 10. Mär. 2011 (UTC)

Lächerlichkeit tötet sicherer als jede Waffe“, sagt ein altes französisches Sprichwort, dessen Richtigkeit sich einmal mehr in der, die Republik erschütternden, Auseinandersetzung um den vormaligen Verteidigungsminister und Ex-Träger der Doktorwürde Karl Theodor Freiherr zu Guttenberg erwiesen hat. Und auch wenn es keineswegs zu den Intentionen der InitiatorInnen des GuttenPlag Wiki gehört hat, die Person zu Guttenbergs ins Lächerliche zu ziehen, so erscheint es nichtsdestotrotz vor allem als ein Resultat der schonungslosen Recherche-Arbeit dieses Projektes, dass der einstige Popstar der deutschen Politik und Kronprinz des Unions-Lagers von einem großen Teil der Bevölkerung schließlich nur noch als eine Art schlecht gemachtes Plagiat des 'Ritters von der traurigen Gestalt' wahrgenommen wurde.

Sich zuzuschreiben und zu verantworten hat zu Guttenberg diesen Absturz aus schwindelnder Höhe in die Abgründe der Lächerlichkeit natürlich höchstselbst, denn zu ungeheuerlich war die Diskrepanz zwischen dem hehren Anspruch eines noblen, nonchalanten Verteidigers von Anstand, Aufrichtigkeit und Ehre, mit dem der Freiherr sich selber inszenierte und von seinen Claqueuren in Szene setzen ließ, und der kleinkariert-spießbürgerlichen Großmannssucht, die seine akademische Betrügerei offenbarte, sowie seines dummdreisten Irrglaubens, im Internet-Zeitalter mit einer derartigen 'Leiche im Keller' dauerhaft durchzukommen. „Lächerlich erscheint ein Mensch, der seinen Charakter und seine Kräfte überschätzt“, bemerkte bereits im 18. Jahrhundert der Marquis de Vauvenargues, und genau diese Kriterien erfüllte der fränkische Nobel-Blender geradezu perfekt.

Die, weitgehend unfreiwillige, Rolle, welche das GuttenPlag Wiki in jener multimedialen Reality Soap spielte, die schließlich mit dem Sturz des Ministers ihr vorläufiges Finale finden sollte, brachte einer der Kommentatoren im Forum des Projektes folgendermaßen auf den Punkt: "Endlich passiert, was schon lange und viel häufiger in Politik und Wirtschaft passieren müsste: Dass mal jemand, wie der Knabe bei >Des Kaisers neue Kleider<, aufsteht und sagt: >Er hat ja gar nichts an!<" [1] Und während im Forum Mitte Februar noch ernsthaft, ja sogar verbissen darüber debattiert wurde, mit welchen strafrechtlichen Optionen dem freiherrlichen Plagiator möglicherweise beizukommen sei, kam ein weitsichtiger Jurist bereits in einem Zwischenruf zu der Einsicht: "...das Strafrecht kann nicht alle Übel dieser Welt (dieser Politiker etc. etc.) richten. Und: Lächerlichkeit tötet. Dieses Wiki hat in der Hinsicht vielmehr bewirkt als alle Staatsanwaltschaften Deutschlands bewirken könnten." [2]

Dass das Märchen von des Freiherrn neuen Kleidern schließlich ein weitaus - im besten Wortsinn - radikaleres Ende gefunden hat als das Original von Hans Christian Andersen [3] ist zweifellos das Ergebnis einer sich rasend schnell entwickelnden, dynamischen Bewegung, die in historisch einmaliger Weise AkademikerInnen, alternative und Mainstream-MedienmacherInnen, Linke, Wertekonservative, Politik-Verdrossene, BloggerInnen und Spaßguerilla miteinander vereinigte, und in deren Zentrum sich - wohl eher zum Unbehagen mancher InitiatorInnen - das GuttenPlag Wiki als eine Art Funkfeuer und Orientierungshilfe befand. Dabei bildeten sich, auf der vorgegebenen Struktur des Projekts aufbauend, innerhalb desselben zwei parallel agierende Abteilungen heraus.

Zum einen waren da die RechercheurInnen und AnalytikerInnen, die an der koninuierlich wachsenden Plagiat-Sammlung aus K.T. zu Guttenbergs Dissertation arbeiteten, während eine zweite Gruppe, die man als KommunikatorInnen bezeichnen könnte, mit der Bewältigung des 'Feedbacks' beschäftigt war, das im Forenbereich des GuttenPlag Wiki einschlug. Und mit 'einschlagen' ist hier vor allem das an und abschwellende Dauerbomardement an Beschimpfungen und herabwürdigenden Kommentaren seitens der zahlreichen Guttenberg-Fans gemeint, die das Forum offenbar als primäres Ziel ihrer direkten Angriffe auf das GuttenPlag Wiki betrachteten, und nicht selten mit Lösch-Aktionen, vereinzelt auch mit regelrechten Edit Wars die dortige Arbeit zu sabotieren versuchten. Da besagtes 'Bomardement' (zu dem auch eine ganze Reihe von 'Schwachmaten' aus dem Kontra-Guttenberg-Lager ihr Teil beitrugen) nur mit einer guten Portion Humor nervlich einigermaßen unbeschadet zu überstehen war, ist es kein Wunder, dass gerade dem Kreis der 'KommunikatorInnen' heraus u.a. Dokumentationen von Guttenberg-Witzen, -Sprüchen, Spottliedern etc. angelegt wurden, die jetzt Teil des Datenbestandes dieses Wikis sind.

Auch in der Spätphase der 'Schlacht um den Guttenberg' bzw. nach Ende der offiziellen 'Kampfhandlungen' spielten Schwarzer Humor, Satire, Ironie, Spott & Co. noch einmal eine gewichtige Rolle bei den letzten Gefechten mit jenen Hardcore-Fantruppen des gestürzten Selbstverteidigungsministers, die sich angeblich zu Hunderttausenden im Internet dazu verabredeten, auf der Straße die Reinthronisierung ihres Heros zu erzwingen. Dieser soll sich aber nach unbestätigten, angeblich aus der CSU-Parteizentrale stammenden, Angaben bereits zur Höhle des Kyffhäuserbergs aufgemacht haben, um dort gemeinsam mit Kaiser Friedrich I. und dessen Getreuen auf den großen Tag zu warten, an dem sie gemeinsam aufbrechen werden, um das Reich zu retten und es zu neuer Pracht und Herrlichkeit zu führen. Und damit endet nun das Märchen von des Freiherrn neuen Kleidern - vorerst jedenfalls.

Fußnoten

  1. Quelle: Dr. phil. Albrecht Kloepfer (Nutzer 80.187.155.78): Des Kaisers neue Kleider, im Forum des GuttenPlag Wiki, 19. Feb. 2011
  2. Quelle: Ein (summa cum laude) promovierter Jurist (Nutzer: 188.111.112.218 ): @Juristen: Betrugs-Anzeige(n)!, im Forum des GuttenPlag Wiki, 22. Feb. 2011
  3. Anmerkung: In 'Des Kaisers neue Kleider' sieht die narzisstische Hauptfigur sich zwar öffentlich bloßgestellt, bleibt aber mit den Worten "Nun muß ich aushalten" im Amt, während der 'entblößte' Freiherr schließlich seinen Minister-Sessel räumen musste