Sehr geehrte(r) [...]
im Zuge der aktuellen öffentlichen Debatte über die Dissertation des ehemaligen MdB Karl Theodor zu Guttenberg ist, wie Ihnen ja mittlerweile vertraut sein dürfte, zu Tage getreten, dass in dieser Arbeit bisher unveröffentlichte Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages Verwendung gefunden haben. Insgesamt handelt es sich unseres Wissens nach um sieben solche Ausarbeitungen:
- Niklas Görlitz, 24. Oktober 2003, WF XII-140/03: Einzelfragen zur Abänderbarkeit des derzeitigen und künftigen europäischen Primärrechts
- Übersetzer unbekannt, Frühjahr 2004, Übersetzung von: Jack Rakove, Europe's Floundering Fathers, Foreign Policy 138/2003, S. 28-38
- Silvia Hartleif, 3. Mai 2004, WF XII-044/04: Vergleichende Darstellung des Gottes- und Religionsbezugs in den bisherigen und alternativen Textvorschlägen für einen europäischen Verfassungsvertrag
- Ulrich Tammler, 13. Mai 2004, WF III-100/04: Die Frage nach einem Gottesbezug in der US-Verfassung und die Rechtsprechung des Supreme Court zur Trennung von Staat und Religion
- Wilhelm Weege, 25. Oktober 2005, WD 1-137/05: Die Rolle der USA im europäischen Einigungsprozess bis zum Ende des Ost-West-Konflikts
- Ulrich Tammler, 21. Oktober 2003, WF III-240/03: Der Gottesbezug in den Verfassungen der EU-Mitgliedstaaten, der EU-Beitrittskandidaten und in den Verfassungen der 16 Bundesländer
- Niklas Görlitz, 28. Oktober 2003, WF XII-148/03: Europäischer Konvent und der Konvent von Philadelphia - Parallelen und Unterschiede
- Christoph Hellriegel, Barbara Thoma, 15. Dezember 2005: Europäische Verfassungsentwürfe seit 1945
Wie Ihnen sicherlich ebenfalls bekannt ist, widmet sich das Guttenplag Wiki der Analyse der von der Universität Bayreuth als Dissertation angenommenen Arbeit in ihrer 2009 veröffentlichten Form. Um diese Recherche so transparent wie möglich zu gestalten, versuchen wir, die zu Grunde liegenden Quellen möglichst detailliert nachzuweisen. Aus diesem Grunde haben wir uns am [Datum einfügen] an die Verwaltung des Deutschen Bundestages mit der Bitte um Veröffentlichung der oben aufgeführten Ausarbeitungen gewandt. Mit Antwort vom [Datum einfügen] wurden wir darauf hingewiesen, dass eine solche Veröffentlichung nur in Ausnahmefällen möglich ist und von einem Mitglied des Hauses beantragt werden muss.
Wir möchten ausdrücklich betonen, dass wir der politischen Bewertung des Vorgangs nicht vorgreifen wollen. Inwiefern eine solche Verwendung von Ausarbeitungen des Wissenschaftlichen Dienstes innerhalb der Prüfungsarbeit eines amtierenden Abgeordneten durch dessen Freiheit der Ausübung seines Mandats gedeckt ist, kann sicherlich nicht im Rahmen eines Wiki entschieden werden. Sie werden uns jedoch hoffentlich darin zustimmen, dass der interessierten Öffentlichkeit die Urteilsbildung über diesen unseres Wissens in der Geschichte des Deutschen Bundestages einmaligen Vorgang erheblich erleicht wird, wenn die entsprechenden Quellen öffentlich zur Verfügung gestellt werden. Sofern sich der Deutsche Bundestag auf diesem Wege der Herstellung von Transparenz verpflichtet, mag das zu einer Wiedergewinnung des in den letzten Wochen verlorengegangenen Vertrauens in die Politik sowohl innerhalb der wissenschaftlichen Community wie auch außerhalb beitragen. Diesem Ziel, so nehmen wir an, werden auch Sie sich im Grundsatz nicht verschließen wollen.
Dieses Schreiben wurde allen Parlamentarischen Geschäftsführern des Deutschen Bundestages sowie seinem Präsidenten zur Kenntnisnahme zugeleitet.
Wir danken für Ihre Bemühungen und verbleiben